Das Gebäudeenergiegesetz § 71a
Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) in der aktuellen Fassung ist seit dem 1. Januar 2024 in Kraft und stellt, mit einiger Verzögerung, die deutsche Umsetzung der europäischen EPBD-Regelungen (Energy Performance of Buildings Directive) dar.
Erstmals in einem Gesetzestext werden darin im § 71a konkrete Anforderungen an Qualität und Funktion der Gebäudeautomation formuliert.
Dies zeigt die wachsende Bedeutung der Gebäudeautomation im Rahmen der Energiewende.
Anforderungen an Ihre Gebäude
Aus dem GEG § 71a ergeben sich grob zusammengefasst folgende Vorgaben für das Energiemanagement, das technische Monitoring der Energieverbräuche sowie die Gebäudeautomation in Nichtwohngebäuden:
Digitales Energiemanagementsystem
Gebäude mit einer Nennleistung >290kW für Heizung und Klimatisierung müssen bis zum Ende des Jahres 2024 mit einem digitalen Energiemanagementsystem ausgestattet sein
Gebäudeautomation mit Automatisierungsgrad B
Neu zu errichtende Gebäude müssen dem Automatisierungsgrad B gemäß DIN V 18599-11 oder besser entsprechen
Technisches Inbetriebnahme-Management
Die Inbetriebnahme von Systemen für die Gebäudeheizung- und -kühlung muss jeweils eine Heiz- und Kühlperiode umfassen und entsprechend dokumentiert werden.
DIN V 18599-11: Energieeffizienz von Gebäuden
Die deutsche Norm DIN V 18599-11 legt fest, wie Gebäudeautomation den Energieverbrauch optimiert und den Betrieb von Gebäuden effizienter gestaltet. Erstmals ermöglicht sie eine standardisierte Darstellung aller relevanten Automationsfunktionen, die die Energieeffizienz Ihres Gebäudes beeinflussen.
Die Norm bietet zudem wertvolle methodische Unterstützung bei der Festlegung von Mindestanforderungen für die Gebäudeautomation.
Grundsätzlich gilt:
Je höher der Automatisierungsgrad, desto höher ist die Energieeinsparung.
D
Klasse D
Klasse D entspricht GA-Systemen, die nicht energieeffizient und zu modernisieren sind und so nicht mehr neu gebaut werden dürfen.
C
Klasse C
Klasse C entspricht Standard-Systemen der Gebäudeautomation.
B
Klasse B
Klasse B entspricht energieeffizienten GA-Systemen mit einigen speziellen TGM-Funktionen.
A
Klasse A
Klasse A entspricht hoch energieeffizienten GA-Systemen und TGM-Funktionen.
GA: Gebäudeautomationssystem, TGM: Technisches Gebäudemanagement
Sicherheit durch GEG-Konformität
Neben den rein rechtlichen Pflichten, die sich aus dem Gesetzestext ergeben, tragen die darin aufgeführten Anforderungen zu einem erfolgreichen Werterhalt Ihres Portfolios bei. Die GEG-Konformität definiert ein technisches und organisatorisches Nachhaltigkeitsniveau Ihrer Immobilie und trägt zur Erreichung Ihrer Dekarbonisationsziele bei. Mehr noch: Die Anforderungen des GEG werden abgeleitet von der Verschärfung der EPBD im Laufe der nächsten Jahre stetig erhöht. Wir empfehlen daher umgehend zu handeln und entwickeln dafür gerne mit Ihnen einen maßgeschneiderten CO2-Fahrplan. Viele der Maßnahmen sind förderfähig.
Experteninterview zum GEG § 71a
Durch das Gebäudeenergiegesetz (GEG) müssen Nichtwohngebäude technisch aus- bzw. nachgerüstet werden, um CO₂-Emissionen und Energieverbräuche zu senken. Gebäudeautomation ist die Schlüsseltechnologie dazu. Wir haben mit Björn Brecht (Head of Business Development bei Kieback&Peter) gesprochen, um zu beleuchten, wer aktuell vom GEG betroffen ist, was auf Gebäudeeigentümer zukommt und wie sie damit umgehen müssen.
Das GEG fordert bis Ende 2024 das Aus- bzw. Nachrüsten von effizienzsteigernden Technologien von Nichtwohngebäuden mit einer Nennleistung der Heizungsanlage bzw. der kombinierten Raumheizungs- und Lüftungsanlage von über 290 kW. Welche Art von Gebäuden und welche Gebäudegrößen betrifft das?
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Vorweg: Gebäude sind sehr vielfältig, ebenso ihr Nutzungsszenario. Wenn wir Bürogebäude betrachten, dann sind sicherlich Immobilien vom GEG betroffen, deren Nutzfläche größer als 4.000 bis 6.000 Quadratmetern ist. Das ist ein grober Wert für alle Immobilienbesitzer, die sich fragen: Muss ich jetzt handeln?
Wie sieht es bei anderen Nichtwohngebäuden aus?
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Bei Krankenhäusern etwa kann man den Wert sicher ein wenig weiter hochziehen. Da sagen unsere Erfahrungen, dass man bei ca. 10.000 Quadratmetern diese Grenze von 290 kW nimmt. Aber pauschal lässt sich das nicht beantworten, da hier der verwendete Dämmstandard einen ganz entscheidenden Einfluss hat. Man muss immer individuell schauen, direkt in den Anlagen die Typenschilder der Aggregate lesen und die Summe der Leistungsdaten aller relevanten Aggregate bilden.
Wenn man die 4.000-Quadratmeter-Grenze überschreitet, sollte man auf jeden Fall genauer hingucken. Die Fläche ist aber nicht ausschlaggebend, sondern nur ein erster Indikator. Entscheidend ist – wie bereits erwähnt – die Leistung, die auf den Typenschildern der relevanten Aggregate steht.
Sie sprechen beide von relevanten Aggregaten. Welche Aggregate sind denn für die Nennleistung von 290 kW relevant?
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Ausschlaggebend sind die Hauptaggregate, etwa die Klimaanlagen oder Heizkessel. Nebenaggregate wie Pumpen müssen also nicht erfasst werden.
Im Bürogebäude betrifft das alles, was wärme- und kältetechnisch das Raumklima beeinflusst. Wichtig ist, die Leistungen zu summieren. Wenn ich eine Klimaanlage mit 100 kW habe und eine Heizung mit 200 kW, dann bin ich schon über den 290 kW. Übrigens ist der aktuelle Verbrauch dabei nicht ausschlaggebend, sondern wirklich die Nennleistung auf den Typenschildern.
Im GEG ist die Grenze bei 290 kW formuliert. Die EPBD (Energy Performance of Buildings Directive) fordert bis 2029 sogar eine Grenze von 70 kW. Was bedeutet das für deutsche Immobilienbesitzer?
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Das sollte man als Eigentümer eines Gebäudes heute schon im Hinterkopf behalten, richtig. Die in Brüssel formulierte EPBD ist ja die Vorlage für das deutsche GEG. Das heißt, dass das deutsche Gesetz sehr sicher folgen wird und dann auch Eigentümer kleinerer Gebäude zwangsläufig betroffen sind. Kurz: Wenn heute jemand sein Gebäude erfasst und feststellt, dass das Gebäude insgesamt eine Nennleistung von nur 180 kW aufweist, dann wird er mittelfristig trotzdem handeln müssen.
Das GEG fordert die „kontinuierliche Überwachung, Protokollierung und Analyse der Verbräuche aller Hauptenergieträger sowie aller gebäudetechnischer Systeme.“ Was fällt denn unter Hauptenergieträger?
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Hauptenergieträger sind meist die klassischen Energieträger wie Öl, Gas, Strom, Wärme. Es geht hier um die Wärmeerzeugung, das Warmmachen des Gebäudes. Oder um das Kühlen, beispielsweise mit Strom.
Und was gehört zu den gebäudetechnischen Systemen?
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Die Begrifflichkeit „Gebäudetechnische Systeme“ ist sehr weit gefasst. Im Gesetz ist das unter §3 nochmal ein bisschen genauer definiert. Worum es dem Gesetzgeber geht: Eigentümer von Nichtwohngebäuden sollen wissen, wieviel Energie ihre Immobilie verbraucht. Das ist auch der Grund, weshalb sich das Gesetz auf die Hauptenergieträger fokussiert. Durch die Einbeziehung der gebäudetechnischen Systeme wie Heizung, Kühlung oder auch Lüftung kann in der Analyse nachvollzogen werden, wo die Verbrauchsschwerpunkte liegen. So kann schnell erkannt werden, wo die individuellen Sanierungs- und Optimierungsschwerpunkte zu setzen sind. Eine Aufzugsanlage zählt übrigens nicht zu den gebäudetechnischen Systemen, eine freiwillige Einbeziehung kann aber durchaus sinnvoll sein - das lässt sich am besten in einem persönlichen Gespräch herausfinden.
Wie sieht es mit Verbrauchern wie der Beleuchtung aus?
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Ja, unserer Auffassung nach zählt auch die Beleuchtung zu den gebäudetechnischen Systemen und somit zu den relevanten Energieverbrauchern. Was im Detail darunter zu verstehen ist, ist nicht näher definiert, kann aber vermutlich so abgegrenzt werden: Die Energie der Deckenbeleuchtung muss gezählt werden, die der tragbaren Schreibtischlampe nicht.
Muss der Gesetzgeber dann nochmal nachbessern und das genauer definieren? Wie geht man mit dieser Unschärfe um?
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Ja, vermutlich muss hier noch mehr Klarheit geschaffen werden. Dies erfolgt jedoch vermutlich nicht in Form einer Gesetzesanpassung durch den Gesetzgeber, sondern eher durch Publikationen oder auch Rechtsprechungen. Wie bei solch komplexen Themen üblich, entstehen derzeit entsprechende Gesetzeskommentare in Buchform, die dann die individuelle Beratung sicherlich erleichtern werden. Hierzu werden auch die mitwirkenden Instanzen, wie zum Beispiel das Ministerium für Wirtschaft und Umwelt, einbezogen.
Auch bei der Formulierung „kontinuierliche Überwachung und Protokollierung“ sehe ich den Bedarf einer Konkretisierung. Was bedeutet „kontinuierlich“? Wir versuchen uns zu nähern, indem wir den Begriff aus der etablierten ISO 50001 ableiten oder aus der Stromwirtschaft: Damit lässt sich eine 15-Minuten-Auflösung für den Begriff „kontinuierlich“ ganz gut verargumentieren.
Was spricht für diese 15-Minuten-Auflösung? Und warum ist diese sinnvoller als z.B. eine 12-Stunden-Auflösung?
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Nun, das liegt auf der Hand. Je seltener man Daten aus einer technischen Anlage bezieht, umso weniger kann man aus diesen Daten, die man über die Zeit gewinnt, analysieren. Die Idee ist ja, Daten zu generieren, um daraus über einen längeren Zeitraum sinnvolle Analysen hinsichtlich des Verbrauchs und der Effizienz im Gebäude durchführen zu können. Wenn ich nur zweimal am Tag einen Verbrauchswert bekomme, fehlt mir am Ende der Detaillierungsgrad für eine fundierte Analyse. Wir denken daher, dass die 15-Minuten eine gute Näherung sind. Aber klar ist auch: Es gibt industrielle Anwendungen, bei denen man Werte im Minutentakt haben muss.
Man muss immer sehen, was Sinn ergibt. Ist eine digitale Energieüberwachungstechnik installiert, dann ist es dieser im Grunde egal, wie oft ein Wert abgefragt wird. Und je mehr Werte gesammelt werden, umso besser sind die Analysemöglichkeiten. Die angesprochene 15-Minuten-Auflösung hat sich in der Praxis bewährt, aber in diesem Fall gilt einmal „mehr ist gleich mehr“ (Anm. d. Red. mehr Werte gleich mehr Analysemöglichkeiten).
Man hat auch die Möglichkeit, ein Lastspitzenmanagement zu betreiben. Bei entsprechenden Stromverträgen landet man dann auf jeden Fall bei einer 15-Minuten-Basis.
Das betrifft jetzt die „kontinuierliche Überwachung“. Was wird durch den Aspekt der „Protokollierung“ im Gesetz gefordert?
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Protokollierung bedeutet, dass man die gewonnenen Daten in einer Datenbank speichert, um später Auswertungen durchführen zu können. Das ist auch deshalb interessant, weil die so gewonnenen Daten – wir haben jetzt das GEG im Fokus – auch hervorragend geeignet sind, um anderen Pflichten gerecht zu werden, Stichworte sind CSRD (Anm. d. Red.: Corporate Sustainability Reporting Directive) oder EU-Taxonomie. Im Grunde wollen die Finanzierer im Rahmen dessen ähnliche Informationen haben. Und die kann ich aus diesen gewonnenen Daten generieren. Deshalb können wir allen Eigentümerinnen und Eigentümern nur empfehlen, diese Daten aus ihren Immobilien auch im eigenen Interesse zu speichern und zu protokollieren.
Die Idee des Gesetzgebers hinter dem Aspekt der „Analyse“ ist es ja, Einsparpotenziale zu entdecken. Ist das näher definiert?
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Nein, näher definiert ist es nicht. Denn Einsparpotenziale sind immer relativ und werden maßgeblich durch die Anlagentechnik selbst und deren Nutzungsweise beeinflusst. Der Gesetzgeber möchte, dass die Leute sich mit dem Thema auseinandersetzen. Sie sollen wissen, wie hoch ihr Verbrauch ist und sich fragen: Was kann ich machen, damit der Verbrauch sinkt?Heute geht es noch nicht darum, für jedes Aggregat den Verbrauch bis ins letzte Detail zu erfassen, so wie man es in einem Energiemanagementsystem tun würde. Es geht zunächst darum, relativ niedrigschwellig damit anzufangen, Gebäude mit ihren Verbräuchen energetisch zu erfassen.
Ist es dennoch sinnvoll, sich einem Energiemanagementsystem nach ISO 50001 zu nähern?
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Wenn man sich daran hält, dann macht man mit Sicherheit nichts verkehrt. Aber wir gehen aktuell davon aus, dass man übererfüllt, wenn man sich sehr eng an der Norm orientiert.
Hat es eventuell auch noch weitere Vorteile für Eigentümer, sich an einem Energiemanagementsystem zu orientieren?
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Der ganz klare Vorteil einer nach ISO 50001 zertifizierten Energiemanagementsoftware, das auch auf der BAFA-Liste steht, ist, dass man das auch gefördert bekommen kann. Zudem ist in solch einem Managementsystem generell ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess angelegt. Und der ist auch im GEG gefordert. Es sollen sich die Verantwortlichen kontinuierlich mit den Werten aus ihrem Gebäude oder Portfolio beschäftigen und erkennen: Wo sind hohe Energieverbräuche? Warum kommen die zustande? Wie kann ich besser werden?Und dann müssen aus diesen Erkenntnissen die richtigen Schlussfolgerungen getroffen – und die daraufhin umgesetzten Maßnahmen immer wieder auf ihren Erfolg überprüft werden. Kontinuierlich. Das ist eine ganz wichtige Facette auf dem Weg zum klimaneutralen Gebäudebetrieb bis 2045. Einfach Maßnahmen ins Blaue hinein aussteuern birgt das Risiko dieses Ziel und auch die Zwischenziele dorthin zu verfehlen.
Können Sie den Zusammenhang mit der Finanzierung nochmals kurz erläutern?
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Die meisten Gebäude sind ja finanziert. Die EU-Taxonomie verlangt von den kreditgebenden Finanzinstitutionen, vom Kreditnehmer Daten einzufordern, die CO₂-relevant sind und den Energieverbrauch betreffen. Früher oder später steht bei jedem Bestandsgebäude eine Refinanzierung an. Spätestens dann wird die Bank wissen wollen, ob das Gebäude, das hier refinanziert werden soll, auf dem Klimapfad ist oder nicht. Das heißt: Alle Maßnahmen müssen auch vor dem Hintergrund einer anstehenden Refinanzierung geplant werden.
Kann man über die Analyse der Verbrauchszahlen direkt auf die Effizienz der Anlagen schließen?
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Mit aus klassischen Zählern generierten Daten kann man natürlich Verbräuche ermitteln und jährlich miteinander vergleichen. Man kann auch Gebäude untereinander vergleichen, zumindest wenn man ein Portfolio mit ähnlichen Nutzungsszenarien besitzt. Aber um Effizienzverluste in der Anlagentechnik sichtbar zu machen, sollte man auch etliche Datenpunkte aus der Anlagentechnik miterfassen. Der Zähler sagt mir zwar, wieviel Gas verbraucht wurde, aber noch nichts über die Effizienz der Anlagentechnik. Deshalb ist es sinnvoll, zusätzliche Messwerte in einem Monitoringsystem – so wie das jetzt verpflichtend geworden ist – mitaufzunehmen. So lässt sich die Analysefähigkeit ausweiten.
Der Gesetzgeber fordert außerdem frei konfigurierbare Schnittstellen. Gibt es die? Und kann man in Zukunft jederzeit weitere Systeme in die Gebäudeautomation integrieren?
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Ja. Bezogen auf das Energiemanagement ist die gängigste Schnittstelle eine CSV-Datei, also Excel, um einfach strukturierte Daten zu speichern und auszutauschen - Stichwort ERP. Im GEG §71 a geht es allerdings auch um die Automationsebene. Wenn es um Automationsprotokolle geht, wären da vor allem BACnet, MODBUS oder etwa M-Bus bei den Zählern zu nennen. Dem GEG geht es darum, kein geschlossenes System zu verwenden, sondern ein in alle Richtungen offenes.
Das heißt: Um die Anforderungen zukünftig zu erfüllen, bin ich auf der Automationsebene mit Standards wie BACnet oder MODBUS gut aufgehoben?
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Genau. Auf dem Markt gibt es bei den Automationsherstellern eigentlich keinen mehr, der nicht BACnet spricht. Die Frage ist nur: Wie gut spricht er BACnet?
Gibt es da Unterschiede? Und wenn ja: Wie zeigen sich diese?
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Es gibt auch Hersteller, die sagen, dass sie BACnet sprechen, aber am Ende nicht ausreichend zertifiziert sind. Dann laufen die Systeme auch nicht rund. Allerdings ist die Branche sich schon mehrheitlich einig. Da hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan.
Noch mal kurz zum ERP-System: Dorthin kann ich also die Daten aus dem Automatisierungssystem übertragen und auswerten?
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Ja, allerdings stehen im ERP-System eher die Verbrauchswerte im Fokus – und tendenziell nicht die anlagentechnischen Informationen. Im ERP kann ich die Daten aus dem Monitoring mit weiteren betriebswirtschaftlichen Daten zusammenführen, um daraus z.B. einen Wirtschaftsbericht zu generieren. Diese Daten braucht der Immobilienbesitzer, um die CSRD zu erfüllen. Viele Organisationen werden durch die CSRD jetzt gezwungen, den Wirtschaftsbericht um die nichtfinanzielle Berichterstattung zu ergänzen.
Auch ein ganz interessanter Punkt im GEG ist die Aufstellung von Benchmarks in Bezug auf die Energieeffizienz. Was genau muss man benchmarken und wie kann man das machen?
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Auch hier geht es dem Gesetzgeber wieder darum, dass sich jemand mit den Energieverbräuchen der Gebäude befasst. Deswegen wurde definiert, dass eine Person abgestellt werden muss, die diese Daten auswertet und interpretiert.
Müssen Unternehmen dafür extra Personal einstellen?
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Die Unternehmen können das selbst machen oder externe Dienstleister wie uns beauftragen. Wichtig ist nur, dass es jemand regelmäßig macht.
Welche Arten von Benchmarks gibt es?
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Der einfachste Benchmark ist zu schauen, was verbraucht wird und dies mit dem witterungsbereinigten Verbrauch vom letzten Jahr zu vergleichen. Daraus ergeben sich Fragen, die beantwortet werden müssen, etwa: Warum ist der Verbrauch höher oder niedriger? Das ist das niedrigschwelligste Angebot. Damit lassen sich schon einige Optimierungen finden. Beispielsweise wenn wir aus den Daten der Gebäudeautomation erkennen, dass die Lüftungsanlage plötzlich deutlich mehr verbraucht. Vielleicht gibt es dazu eine Warnung des Filtersystems – und selbst ein Filterwechsel ist schon eine erfolgreiche Maßnahme. Nochmal: Der Gesetzgeber möchte einfach, dass man sich mit diesen Daten befasst und Optimierungsmöglichkeiten erkennt.
Aber wie genau Benchmarks durchgeführt werden sollen, ist nicht im GEG definiert.
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Stimmt, das ist im Gesetz auch wieder offen. Es gibt Teilenergiekennwerte, die wir nutzen können. Oder Referenzzahlen, die veröffentlicht wurden. Die kann man für das Benchmarken nutzen. Wir vergleichen damit den Gebäudetyp, auch auf Raumebene. Also: Was ist das für ein Raum? Wie viel Energie verbraucht der? Wie gut liegt dieser Wert? Aber eine richtig starre Vorgabe gibt es aktuell nicht.
In der Immobilienwelt gibt es das sehr weit verbreitete CREEM-Tool. Mit dem Carbon Risk Real Estate Monitor kann man transparent Portfolios mit mehreren Gebäuden nebeneinanderstellen. Im Tool wählt man aus, ob man den 1,5- oder 2-Grad-Pfad fahren möchte – und sieht dann, wo sich das Objekt befindet.
Es geht also vor allem darum, die Verbräuche über die Zeit zu vergleichen und Optimierungen anzustreben?
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Genau. Wichtig ist, dass ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess vorangetrieben wird. Viele unserer Kunden können oder wollen das nicht selbst leisten. Dann können wir als Branche unsere Unterstützung anbieten – und unseren Kunden sagen, ob eine geplante Maßnahme die gewünschten Einsparungen bringt und man seinen Zielen damit näherkommt.
Wie sieht denn konkret der erste Schritt aus, um diesen Prozess anzustoßen?
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Wenn man ein größeres Portfolio besitzt, dann ist man gezwungen erst einmal zu sortieren und zu priorisieren. Die Sortierung kann z.B. nach dem eingangs erwähnten Kennwert von 290 kW erfolgen. Da es im Grunde um eine Verbrauchsanpassung geht, ist der nächste Schritt ein Messkonzept. Da führt der Weg idealerweise zu einem Partner aus dem Bereich der Gebäudeautomation, der die Ziele evaluiert. Und dann die bestehende Zählerinfrastruktur überprüft und seriös ermittelt, an welcher Stelle diese erweitert oder verändert werden muss.
Also erstmal eine Bestandsaufnahme?
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Ja. Und durch das Messkonzept bekommt man dann schwarz auf weiß, was für eine optimierte Infrastruktur gemacht werden muss. Danach folgt die Aufschaltung auf ein Energie-Monitoring-System, das die Daten kontinuierlich sammelt und für die Auswertung, die Analyse und die Benchmarks bereithält.
Genau, diese Energie-Monitoring-Systeme können dann über verschiedene Darstellungen wie beispielsweise einer 4-Quadrantendarstellung zeigen, wo sich mein Objekt befindet. So kann man sich zuerst auf die Themen fokussieren, die durch einen hohen Energieverbrauch auffallen.
Hier ist auch der Anknüpfungspunkt zu unserer Industrie. Wenn unsere Mitarbeiter das Thema Messinfrastruktur angehen, analysieren und bewerten sie sorgfältig, an welcher Stelle Zähler ergänzt werden sollten, um die Situation vor Ort richtig aufzunehmen zu können. Hierzu braucht es eine hohe Kompetenz in der Gebäudeautomation und Anlagentechnik.
Bis vor kurzem hatte die Gebäudeautomation nicht überall den nötigen Stellenwert. Ändert sich das jetzt durch das neue Gesetz?
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Das ist ein interessanter Punkt. Warum ist die Gebäudeautomation überhaupt in das Gesetz gerutscht? Lange hat man einfach die Dämmung verbessert und Fenster ausgetauscht. Jetzt hat man erkannt, dass es nicht nur darum geht, erzeugte Energie nicht zu verlieren, sondern vor allem darum, Energie effizienter zu nutzen. Hier ist die Gebäudeautomation die Schlüsseltechnologie. Beispiel Belüftung: Viele Lüftungsanlagen laufen nach einem Zeitprogramm. Das bedingt jedoch, dass jemand kontinuierlich die Nutzungszeiten an den Bedarf anpasst, denn dieser verändert sich regelmäßig. Steht diese Person nicht zur Verfügung befindet sich die Anlage früher oder später unweigerlich im Dauerbetrieb.
Und dabei wird viel mehr Energie in die Anlage gesteckt als nötig?
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Schauen wir uns mal eine große Sporthalle an: Hier wurde einfach ein Mindestluftwechsel definiert. Und der wurde gefahren, unabhängig von der Belegung. Mit Corona kam die CO₂-Überwachung hinzu – und die führte zu einem Lerneffekt. Man hat festgestellt, dass man über den CO₂-Messwert die Hallenbelegung erkennt und die Luft nur austauschen muss, wenn die Luftqualität nicht passt. Warum also im Winter bei -5 Grad kalte Außenluft erhitzen und in die Halle reinblasen – und die in der Halle befindliche warme Luft rausblasen, obwohl die Luftqualität stimmt?
Also war es eine enorme Energievernichtung, ähnlich wie beim Heizen mit offenem Fenster?
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Richtig. Man hat erkannt, dass man mit Gebäudeautomation verhindern kann, dass die Luft ausgetauscht wird, obwohl die Luftqualität noch gut ist.
Es ist auch wichtig, dass die Systeme abgestimmt betrieben werden. Auch wenn mehrere hocheffiziente Aggregate nebeneinander stehen, müssen sie im Zusammenspiel noch lange nicht hocheffizient sein. Man braucht dann eine übergeordnete Regelung zur Optimierung. Deshalb ist es wichtig, dass man die Systeme immer oberhalb ihrer eigenen Automation verbindet.
Ohne eine moderne Gebäudeautomation bringt die beste Anlagentechnik nicht viel.
Mit Gebäudeautomation erkennt man also nicht nur Effizienzverluste, sondern kann auch etwas dagegen tun.
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Definitiv, aber es geht auch weitaus einfacher: Gibt es eine Meldung vom Filter in der Lüftungsanlage, dann muss man den Filter tauschen. Den Austausch kann die Gebäudeautomation noch nicht, aber sie kann dafür sorgen, dass jemand tätig wird.
Kleines Gewerk, große Wirkung. Das gilt eigentlich überall, wo wir aktiv werden als Gebäudeautomatisierer. Wir bilden zwar nur eine ganz kleine Facette ab, aber die Wirkung ist extrem hoch. Entdeckt unsere Sensorik einen sich zusetzenden Filter, hat der zeitnahe Austausch eine wahnsinnige Hebelwirkung.
Kann man diese Hebelwirkung in Zahlen benennen?
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Wir machen das häufig für Bürogebäude mit einer vorausschauenden Regelung. Dann kommen wir oft auf 20 bis 25 Prozent Energieeinsparung. In solchen Gebäuden liegen Energiekosten nicht selten zwischen 100.000 und 500.000 Euro im Jahr. Wenn davon 25 Prozent durch sinnvoll eingeregelte Gebäudeautomation eingespart werden kann, ist das ein riesiger Mehrwert für den Kunden.
Klingt überzeugend. An wen wende ich mich denn jetzt, um mein Gebäude GEG-konform zu bekommen?
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Bei uns und unseren Branchenkollegen sind Gebäudeeigentümer an genau der richtigen Adresse. Wir suchen dann das Gespräch und erfassen die Situation vor Ort. Zunächst sind Fragen zu klären, wie: Betrifft die GEG-Regelung den Kunden? Und wenn ja: Was muss der Kunde jetzt tun?Das GEG ist nicht einfach zu durchschauen. Gerade § 71 a, auf dem wir uns fokussieren, sorgt für viel Unsicherheit. Oft können wir diese Unsicherheit aber auch nehmen. Es ist nicht zwangsläufig so, dass alles neu gemacht werden muss. Aber die Energieüberwachungstechnik ist in der Regel ein Thema, das angegangen werden muss. Deshalb schauen wir uns gemeinsam mit dem Kunden die Anlagen an, um zu prüfen, was gemacht werden muss, um rechtskonform zu sein. Wichtig jedoch: Ohne individuelles Gespräch kann man keine eindeutigen Aussagen treffen, dafür ist das GEG zu komplex.
Können Sie eine Empfehlung geben, wann der beste Zeitpunkt zum Handeln ist?
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Gebäudeautomation und Gebäudetechniksysteme sind Investitionsgüter, die nicht im 2-Jahres-Rhythmus ausgetauscht werden. Wir erleben oft, dass die Systeme bis zu 20 Jahre im Einsatz sind. Investiert man also heute und addiert 20 Jahre hinzu, dann sind wir im Jahr 2044. Und im Jahr 2045 sollten wir laut Gesetzgeber bereits Net Zero im Betrieb erreicht haben.
Das heißt, die heutige Planung sollte man bereits auf das Jahr 2045 ausrichten?
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Wenn man heute anfängt und nur stellenweise etwas unternimmt, kommt man schnell in die Bredouille, weil die Zeit davonrennt. Schaut man nicht weit genug voraus, wird man im Zweifel vor der Situation stehen, dass man Anlagentechnik, die man in 2033 installiert hat, nach 10 Jahren schon wieder austauschen muss, um seine Ziele noch zu erreichen.
Kann sich ein Gebäudeeigentümer auch direkt an Planer oder Integratoren wenden?
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Am Ende ist es immer ein Zusammenspiel. Aber es ist sinnvoll, frühzeitig mit einem MSR-Hersteller zu sprechen, um keine Fehlplanung zu erleben. Bisher durften Anlagen laufen, auch wenn sie ineffizient waren. Nun ist es so, dass ich die Anlage – bei Nichtumsetzung des GEG – irgendwann nicht mehr betreiben darf.Im Bestand ist der Weg zum Gebäudeautomations-Hersteller daher genau der richtige. Beim Neubau ist der Planer sowieso involviert. Bei Bestandsobjekten empfiehlt es sich, direkt den Kontakt zu den Experten für Gebäudeautomation zu suchen, die auch Energiemanagementsoftware anbieten können. Insgesamt kann das wirtschaftlich sogar sinnvoller sein.
Von welche Personengruppen werden Sie direkt angesprochen?
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Das ist sehr vielfältig. Wir werden von Eigentümerinnen und Eigentümern wie von Planenden angesprochen, die wiederum von ihren Kunden schon angesprochen wurden. Das ist schon ein sehr umfangreiches Netzwerk. Wir sprechen aktuell auch ganz intensiv mit unseren Kundinnen und Kunden über deren Bestand. Im Bestand sind es meist die Eigentümer, die sich direkt an uns wenden, weil sie eben erkannt haben, dass wir hier eine ganzheitliche Leistung bieten können.
Vielen Dank für das Gespräch!Björn Brecht
Dipl.-Ing. Björn Brecht ist Leiter des Bereichs Business Development bei Kieback&Peter. Mit einem starken technischen Hintergrund und der Fähigkeit, innovative Ideen in erfolgreiche Produkte umzusetzen, leitet Björn Brecht die strategische Entwicklung des Unternehmens. Darüber hinaus ist er aktives Vorstandsmitglied der European Building Automation and Controls Association (eu.bac) und hat die Zertifizierung als ESG-Manager. Sein Fachwissen und seine Innovationen haben zu mehreren Patenten geführt.