Ob im Neubau oder bei der Sanierung: Immer mehr Heizsysteme sind hybrid, sie kombinieren Brennwert- oder Niedertemperaturkessel mit Solarenergie, Wärmepumpen oder Blockheizkraftwerken. Damit werden die Systeme komplexer. Die Herausforderung besteht darin, dass sie die Erzeugung von Wärme aus unterschiedlichen Quellen regeln müssen. Georg Siepmann und Thomas Sierpinski aus unserer Niederlassung in Münster haben dafür die Aktive Leistungsregelung entwickelt und setzen diese erfolgreich ein.
Früher exotisch – heute Normalität
Lange Zeit dominierten Öl und Gas die Heizsysteme. Dann kam die Einsicht, dass nur eine konsequente CO2-Reduktion die Erderwärmung verlangsamen kann. Der Gesetzgeber reagierte mit entsprechenden Vorschriften, um Energieeffizienz und den Einsatz erneuerbarer Energien zu fördern.
Georg Siepmann verfolgt schon seit mehr als 15 Jahren die Umwälzungen im Heizungsbereich. Der Leiter des Vertriebsgebietes Südliches Westfalen von Kieback&Peter machte 2004 seine ersten Erfahrungen mit der Einbindung alternativer Energien bei der Wärmeerzeugung. Die Gemeinde Finnentrop im Sauerland errichtete ein Nahwärmenetz mit einem Hackschnitzelkessel als primären und zwei Gas-Brennwertkessel als sekundäre Wärmeerzeuger.
„Aus der damals exotischen Konstellation ist heute Normalität geworden“, schlussfolgert er. „Überall werden Kombinationen von Wärmeerzeugern aufgestellt: Gas, Solar, Kraft-Wärme-Kopplung, Wärmepumpe, Hackschnitzel-, Pellet-, Brennwert- und Niedertemperaturkessel – die Möglichkeiten sind beinahe unendlich.“
Luft nach oben in puncto Energieeinsparung
Dem Ingenieur für elektrische Energietechnik wurde schnell klar, dass die meisten Anlagen nicht das Optimum an Energieeinsparung erreichen. „Was den meisten Systemen fehlt, ist eine übergeordnete Regelung, die einzelne Komponenten koordiniert. Das was auf dem Markt verfügbar ist, ist dürftig und taugt in der Regel nicht viel.“
Typisch sei das Beispiel eines Hybridsystems, bei dem ein Blockheizkraftwerk (BHKW) die Primärenergiequelle ist und ein Brennwertkessel in Spitzenzeiten zusätzlich Wärme produziert. „Ohne vernünftige Regelung kann ein Kessel schon mal auf 5.000 Starts im Monat kommen. Nicht nur, dass bei jedem Start ein Teil der Wärme ungenutzt durch den Schornstein entweicht, das geht auch fürchterlich auf das Material. Bei einem großen Hersteller endet die Gewährleistung auf den gesamten Kessel schon bei 35.000 Starts. Das wäre in einem solchen Fall gerade einmal nach sieben Monaten.“
Grund genug, weshalb er sich gemeinsam mit Thomas Sierpinski, Projektingenieur in seinem Team, intensiv mit dem Thema auseinandersetzte. Wie, so fragten sie sich, könne man die unterschiedlichen Wärmeproduzenten so regeln, dass sie optimal zusammenarbeiten?
Aktive Leistungsregelung
Ausgangspunkt war eine Veröffentlichung von Professor Siegfried Baumgarth vom Fachbereich Versorgungstechnik der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel. Dieser beschrieb, wie es durch Regelung des Volumenstromes im Kesselkreis möglich ist, in einem System mit hydraulischer Weiche die Rücklauftemperatur zum Kessel niedrig zu halten. Das ist Voraussetzung für den wirtschaftlichen Betrieb eines Brennwertkessels.
Thomas Sierpinski setzte den Ansatz von Siegfried Baumgarth als erstes in einer Mehrkesselanlage mit hydraulischer Weiche um. Das Ergebnis war die Aktive Leistungsregelung als Programmmodul für die Automationsstationen.
Der Clou dabei: Die meisten Kesselregler regeln nur die Temperatur. Die Parallelschaltung der Erzeuger ist so nicht möglich. Daher geben die Hersteller oft die Reihenschaltung der Erzeuger vor. Die Aktive Leistungsregelung hingegen regelt für jeden Erzeuger Leistung und Temperatur unabhängig voneinander. Sie ermöglicht damit, beliebige Wärmeerzeuger in einem System in Parallelschaltung zu kombinieren.
Optimal für hybride Systeme
“Uns wurde schnell klar, dass man das Wirkprinzip auch auf Anlagen mit einem Pufferspeicher anwenden kann. Dieser spielt gerade bei hybriden Systemen eine wichtige Rolle: Er gleicht die bei der Nutzung alternativer Energien meist auftretende Differenz zwischen Angebot und Nachfrage aus. Mit der aktiven Leistungsregelung nutzen wir den Speicher nun auch für die Kessel“, schildert Georg Siepmann. Damit erreichen die Kessel wesentlich bessere Laufzeiten in einem frei wählbaren Betriebspunkt. Durch die Reduktion der Taktzahl lassen sich sowohl Verschleiß als auch Energieverlust minimieren.
Mit der Aktiven Leistungsregelung könne das System sogar auf Schwankungen im Angebot von unterschiedlichen Energieträgern durch die Umstellung der Wärmeerzeugung reagieren. So sei es denkbar, mit Power-to-Heat überschüssigen Strom aus Wind- und PV-Anlagen in das System zu integrieren.
„Die Aktive Leistungsregelung ist in Verbindung mit der Parallelschaltung aller Erzeuger und Pufferspeicher das Werkzeug, um hybride Systeme optimal zu betreiben“, resümiert der Ingenieur für Energietechnik. „Wir haben in fast zehn Jahren viele Projekte realisiert. Aus allen Anlagen haben wir durchweg positive Rückmeldungen. Die primären Wärmeerzeuger haben meist bessere Laufzeiten als nach den Prognosen zu erwarten war, die Taktzeiten der sekundären Wärmeerzeuger sind entsprechend gut – und die Kunden sind hochzufrieden.“